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Verbot von Veranstaltungen mit über 20 Teilnehmern - Allgemeinverfügung

Allgemeinverfügung

zur Beschränkung von sozialen Kontakten im öffentlichen Bereich angesichts der Corona-Epidemie und zum Schutz der Bevölkerung vor der Verbreitung des
Coronavirus SARS-CoV-2

auf dem Gebiet des Werra-Meißner-Kreises

vom 20.03.2020

 

Aufgrund von § 28 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten (Infektionsschutzgesetz – IfSG) vom 20.07.2000 (BGBl. I S. 1045), zuletzt geändert durch Gesetz vom 10.02.2020 (BGBl. I S. 148) in Verbindung mit § 5 Abs. 1 des Hessischen Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst vom 28.09.2007 (GVBl. I S. 659), zuletzt geändert durch Gesetz vom 03.05.2018 (GVBl. I S. 82), erlässt der Kreisausschuss des Werra-Meißner-Kreises

in Ergänzung der am 18.03.2020 in Kraft getretenen Vierten Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus des Landes Hessen vom 17.03.2020

folgende Allgemeinverfügung:

 

  1. Die Durchführung von öffentlichen und nichtöffentlichen (privaten) Veranstaltungen, Ver-sammlungen und Ansammlungen, bei denen es zu einer Begegnung von mehr als 20 Menschen kommt, ist im Gebiet des Werra-Meißner-Kreises untersagt.

    Ausgenommen sind Veranstaltungen des Werra-Meißner-Kreises, der Behörden anderer Hoheitsträger sowie anderer Stellen oder Einrichtungen, die öffentlich-rechtliche Aufgaben wahrnehmen.

    Nicht als Veranstaltungen bzw. Ansammlungen im Sinne dieser Allgemeinverfügung gelten der Betrieb und der Besuch von Einzelhandelsstätten sowie der nach § 1 Abs. 2, § 2 der Vierten Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus vom 17.03.2020 geöffneten Einrichtungen, die Teilnahme am öffentlichen Personennahverkehr oder der Aufenthalt an der Arbeitsstätte.

    Es wird im Übrigen aus Gründen des Infektionsschutzes empfohlen, öffentliche und private Veranstaltungen zu verschieben oder abzusagen und Ansammlungen von Personen zu vermeiden.
     
  2. Bei jeder Zusammenkunft (Veranstaltung, Versammlung, Ansammlung), die nicht nach Ziffer 1 untersagt ist, hat der Veranstalter

    a) sicherzustellen, dass ein Abstand von mindestens 1,50 Meter zwischen den Teilnehmenden gewährleistet ist, und   
    b) bei jeder Zusammenkunft mit mehr als 10 Personen die anwesenden Personen in einer Anwesenheitsliste mit mindestens der Angabe: Vor- und Zuname, vollständige Adresse (Wohnort, Straße, Hausnummer) sowie der Telefonnummer der gewöhnlichen Erreichbarkeit zu erfassen.
     
  3. Die Anwesenheitsliste ist vom Veranstalter für die Dauer von 4 Wochen nach Ende der Zusammenkunft aufzubewahren. Diese Liste ist dem Gesundheitsamt vom Veranstalter auf Nachfrage sofort und vollständig auszuhändigen.
     
  4. Diese Anordnung ist gemäß § 28 Absatz 3 i.V. m. § 16 Absatz 8 IfSG sofort vollziehbar.
     
  5. Diese Anordnung tritt in Kraft mit dem Tag der nach öffentlichen Bekanntmachung dieser Verfügung und gilt zunächst bis einschließlich 19. April 2020.

    Mit Inkrafttreten dieser Anordnung wird die Allgemeinverfügung des Kreisausschusses des Werra-Meißner-Kreises vom 12.03.2020 (Verbot von Veranstaltungen mit über 100 Teilnehmern) aufgehoben.
     
  6. Auf die Strafbarkeit einer Zuwiderhandlung gegen die in den Ziffern 1 bis 3 enthaltenen Anordnungen gemäß § 75 Absatz 1 Nr. 1, Absatz 3 IfSG wird hingewiesen.
     

 

Begründung:

Zweck des Infektionsschutzgesetzes ist es, übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern.

Nach § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG kann die zuständige Behörde Versammlungen oder sonstige Ansammlungen (Zusammenkünfte) einer größeren Anzahl von Menschen beschränken oder verbieten, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist.

Bei COVID-19 handelt es sich um einen Krankheitserreger im Sinne des § 2 Nr. 1 IfSG, der sich in Hessen derzeit stark verbreitet. Im gesamten Land Hessen wurden bereits Krankheits- und Ansteckungsverdächtige festgestellt.

Durch den vorherrschenden Übertragungsweg von COVID-19 über Tröpfchen, z.B. durch Husten, Niesen, und durch teils mild erkrankte oder auch asymptomatisch infizierte Personen kann es zu Übertragungen von Mensch-zu-Mensch kommen.

Das Verbot von Veranstaltungen, Ansammlungen und Zusammenkünften mit mehr als 20 Teilnehmern dient insbesondere dem Zweck, eine Ausbreitung von COVID-19 zeitlich und räumlich zu verlangsamen und in der gegenwärtigen Lage insbesondere von der noch anhaltenden Influenzawelle zu entkoppeln. Eine zeitlich langsamere Ausbreitung hat den Vorteil, dass die medizinischen Versorgungssysteme über einen größeren Zeitraum in Anspruch genommen werden und die punktuelle Belastung geringer bzw. eine Überlastung vermieden wird.

Bei Veranstaltungen, Ansammlungen und Zusammenkünften mit mehr als 20 Teilnehmern ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die folgenden, eine Weiterverbreitung von COVID-19 begünstigenden Sachverhalte in stärkerem Maße vorliegen als bei kleineren Veranstaltungen, auch im Hinblick darauf, dass sich allein in Hessen die Zahl der Infizierten in kürzester Zeit mehr als verdoppelt hat und auch im Werra-Meißner-Kreis und in den unmittelbar angrenzenden Nachbarkreisen Infektionsfälle aufgetreten sind:

  • Räumliche Nähe der Teilnehmer.
  • Überregionale Auswirkungen auf die Verbreitung von COVID-19, da mehr Menschen aus Nachbarregionen, anderen Bundesländern oder mit internationaler Herkunft die Veranstaltung besuchen. Dies hat sowohl Auswirkungen auf einen möglichen Eintrag von Erkrankungen in eine Region als auch auf die Weiterverbreitung über regionale Grenzen hinaus.
  • Eine Nachverfolgung von Kontaktpersonen und daraus folgende Maßnahmen der zuständigen Behörde gegenüber den Kontaktpersonen sind für den Fall, dass ein Teilnehmer im Nachhinein positiv auf COVID-19 getestet wird, nicht bzw. schlechter möglich.
  • Im Hinblick auf die derzeit kaum mit der nötigen Gewissheit sicher zu prognostizierende weitere Entwicklung müssen neben Risikogruppen, insbesondere den höheren Altersgruppen, auch die dauerhafte Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens sowie der öffentlichen Sicherheit und Ordnung geschützt werden.
  • Hygiene-Maßnahmen, die das Risiko einer Ausbreitung von COVID-19 einschränken, können die Risiken bei solch großen Veranstaltungen nicht ausreichend senken. Ihre Einhaltung kann auch nicht umfassend sichergestellt werden

Unter Berücksichtigung dieser Faktoren ist die zeitlich befristete Verbotsanordnung im Hinblick auf das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes gegenüber anderen Rechten verhältnismäßig und gerechtfertigt.

Nach der aktuellen Erkenntnislage muss davon ausgegangen werden, dass in der Regel keine Schutzmaßnahmen durch die Betreiber bzw. Veranstalter der unter Ziffer 1 bis 3 genannten Veranstaltungen getroffen werden können, die gleich effektiv, aber weniger eingriffsintensiv sind. Dafür sprechen nachdrücklich die hohen Risikofaktoren einer Vielzahl von Personen wie vor allem Dauer, Anzahl und Intensität der Kontaktmöglichkeiten sowie die nicht durchgehend gewährleistete Nachverfolgbarkeit der Teilnehmer. 

Von dem Verbot ausgenommen sind notwendige Veranstaltungen des Werra-Meißner-Kreises, der Behörden anderer Hoheitsträger sowie anderer Stellen oder Einrichtungen, die öffentlich-rechtliche Aufgaben.

Nicht als Veranstaltungen bzw. Ansammlungen im Sinne dieser Allgemeinverfügung gelten der Betrieb und der Besuch von Einzelhandelsstätten sowie der nach § 1 Abs. 2, § 2 der Vierten Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus vom 17.03.2020 geöffneten Einrichtungen, die Teilnahme am öffentlichen Personennahverkehr oder der Aufenthalt an der Arbeitsstätte.

Als seuchenhygienische Maßnahme ist die Anordnung gemäß § 28 Abs. 3 in Verbindung mit § 16 Abs. 8 IfSG sofort vollziehbar. Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.

Wegen der hohen Eilbedürftigkeit tritt die Allgemeinverfügung an dem auf Bekanntgabe folgenden Tag in Kraft. Wegen der bestehenden Unklarheiten in Bezug auf die weitere Entwicklung der epidemischen Lage sind die Anordnungen zunächst befristet. Es bleibt vorbehalten, bei einer entsprechenden zukünftigen Risikoeinschätzung den Anordnungszeitraum über den 19.04.2020 hinaus zu verlängern. 

Zugleich wird mit Inkrafttreten dieser Anordnung die Allgemeinverfügung des Kreisausschusses des Werra-Meißner-Kreises vom 12.03.2020 (Verbot von Veranstaltungen mit über 100 Teilnehmern) ersetzt und aufgehoben.

Da eine Zuwiderhandlung gegen die in Ziffern 1 bis 3 enthaltenen Anordnungen gemäß § 75 Absatz 1 Nummer 1, Absatz 3 IfSG strafbar ist, wird hierauf hingewiesen.

Auf eine Anhörung konnte gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 4 des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetzes verzichtet werden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Kassel, Goethestraße 41 + 43, 34119 Kassel, erhoben werden.

Die Klage ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben. Sie kann auch mittels eines elektronischen Dokuments nach Maßgabe des § 55a Abs. 2 bis 4 der Verwaltungsgerichtsordnung und dem Kapitel 2 der Elektronischen-Rechtsverkehrs-Verordnung erhoben werden.

 

Eschwege, den 20.03.2020

 

Werra-Meißner-Kreis

Der Kreisausschuss

 

gez. Dr. Wallmann

Erster Kreisbeigeordneter